07.02.2024
Schwache Wirtschaftslage erhöht Kostendruck – Erreichung der Zielrendite verzögert
- Unter Einsatz aller Kräfte: Umsatz stieg wechselkursbereinigt um acht Prozent auf 91,6 Milliarden / operative EBIT-Rendite verbesserte sich auf fünf Prozent.
- Breite Aufstellung: Fokussiertes Portfolio-Management stärkt strategische Ausrichtung.
- Neuaufstellung: Integrierter Geschäftssektor Mobility seit Januar 2024 „live“.
- Bosch-Vorsitzender Hartung: „Trotz Gegenwind im Geschäftsjahr 2023 investieren wir weiterhin offensiv in Zukunftstechnologien, vor allem für den Klimaschutz.“
- Bosch-Finanzchef Forschner: „Der Gegenwind bleibt, weshalb wir auch unsere Zielrendite nur verzögert erreichen werden. Wir müssen unsere Kapitaleffizienz und Ertragskraft weiter ausbalancieren, um künftiges Wachstum zu finanzieren.“
Stuttgart – Die Bosch-Gruppe hat im anspruchsvollen Geschäftsjahr 2023 ihre Erwartungen erreicht: Das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen erwirtschaftete nach vorläufigen Zahlen einen Umsatz von 91,6 Milliarden Euro und wuchs damit wechselkursbereinigt um acht Prozent (nominal vier Prozent). Die operative EBIT-Rendite verbesserte sich leicht auf fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr (4,3 Prozent) und traf damit die Erwartungen. „Das Jahr 2023 war für Bosch schwieriger als erwartet. Mit Einsatz aller Kräfte haben wir es geschafft, unseren Umsatz zu steigern und unsere Rendite zu verbessern. Wir sind trotz starkem Gegenwind vorangekommen“, sagte Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, anlässlich der Veröffentlichung der vorläufigen Geschäftszahlen. „Das ist unter den herausfordernden Rahmenbedingungen eine bemerkenswerte Leistung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch die kommenden Jahre werden uns allen viel abverlangen.“
Im zurückliegenden Geschäftsjahr konnte Bosch den Ausbau seiner Wachstumsfelder vorantreiben, Fortschritte bei der Transformation des Mobility-Geschäfts erzielen und die Wettbewerbsfähigkeit seiner Geschäfte stärken. „Wir investieren weiterhin offensiv in Zukunftstechnologien, vor allem für den Klimaschutz“, sagte Hartung. „Allerdings sehen wir, dass sich die Marktdurchdringung mit solchen Technologien verzögert und der Schub vom Markt nachgelassen hat. Wir müssen auf die schwächere Auftragslage und intensiv an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten – nur so können wir das Wachstum der Zukunft finanzieren.“ Vor diesem Hintergrund erwartet Bosch Anpassungsbedarf in einigen Bereichen wie etwa der Mobilitätssparte. Dazu hat das Unternehmen Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufgenommen. Erforderliche Beschäftigungsanpassungen sollen möglichst sozialverträglich erfolgen. Betriebsbedingte Kündigungen sind entsprechend einer mit den Arbeitnehmervertretern im Sommer 2023 geschlossenen Zukunftsvereinbarung für die deutschen Mobility-Standorte bis Ende 2027 ausgeschlossen. „Der Wandel kann nur sozialpartnerschaftlich gelingen. Zugleich stehen wir zum Standort Deutschland – auch in der Produktion“, betonte Hartung. In besonders chancenreichen Geschäftsfeldern wolle Bosch zudem weiter einstellen und möglichst viele Beschäftigte aus schrumpfenden für wachsende Bereiche qualifizieren. Bis 2030 plant das Unternehmen insgesamt rund vier Milliarden Euro für die Aus- und Weiterbildung auszugeben. Dabei sei auch die Bereitschaft der Beschäftigten gefordert.
Klimapolitik: Instabilität schwächt MarktimpulseDer Kampf gegen den Klimawandel bleibt für Technologieunternehmen wie Bosch eine wichtige Aufgabe und eröffnet zahlreiche Geschäftschancen. Dazu hatte Bosch zuletzt auf der US-Elektronikmesse CES Technologien und Lösungen zur
nachhaltigen Energienutzung präsentiert. Die aktuelle Klimapolitik sorge nach Worten Hartungs jedoch bei vielen Unternehmen für Instabilität im geschäftlichen Umfeld. „Das Problem ist die sprunghafte Umsetzung, wie wir sie zuletzt etwa mit der plötzlichen Abschaffung der E-Auto-Prämie in Deutschland erleben konnten“, sagte Hartung. „Die Wechselhaftigkeit der Rahmenbedingungen behindert langfristige Kaufentscheidungen. Die Wirtschaft braucht mehr und so viel Berechenbarkeit wie möglich.“ Der Bosch-Vorsitzende zeigte zugleich Verständnis für die Politik: Viele Regierungen in westlichen Ländern stünden gleichermaßen unter Spardruck wie in populistischer Kritik, zudem müssten sie den Wohlstand ebenso wie das Klima schützen.
Wachstumsstrategie: Investitionen ergänzen Innovationen
Auch in der aktuell schwachen Wirtschaftslage kommt Bosch voran und hält an seinen strategischen Zielen fest: Das Unternehmen will in seinen wesentlichen Märkten unter den führenden drei Anbietern und leistungsfähig in allen Weltregionen sein. „Auch und gerade in Zeiten der Transformation bewährt sich unsere breite Aufstellung über Branchen und Regionen hinweg“, erklärte Hartung. „Dies schließt allerdings ein fokussiertes Management unseres Geschäftsportfolios nicht aus.“ Dazu gehört beispielsweise die Entscheidung, sich im Bereich Building Technologies auf das Geschäft mit Systemintegration zu konzentrieren und den Großteil des Produktgeschäfts zu verkaufen. Zugleich ist nach der Akquisition von Climatec im Jahr 2015 im vergangenen Jahr die Übernahme von
Paladin Technologies erfolgt, um in der Gebäudeautomation die Aufstellung im nordamerikanischen Markt zu stärken.
Auch im Ausbau definierter Wachstumsfelder wie etwa dem Halbleitergeschäft ist Bosch erfolgreich: Mit der Beteiligung am europäischen Gemeinschaftsunternehmen
ESMC und der Übernahme einer
Chipfabrik im US-amerikanischen Roseville hat Bosch 2023 wichtige Investitionsentscheidungen getroffen. Das Unternehmen verspricht sich weiteres Wachstum mit der Fertigung von
Silizium-Karbid-Chips, kurz SiC-Chips. Diese Halbleiter kommen in der Leistungselektronik von E-Autos zum Einsatz und können die elektrische Reichweite steigern. „Indem wir Silizium-Karbid-Strukturen vertikal und nicht mehr planar aufbauen, steigern wir nochmals die Leistungsdichte der Chips. Wir haben diese Technik als erster SiC-Hersteller auf die Straße gebracht, und mit der zweiten Generation konnten wir 2023 die Performance erneut um 30 Prozent steigern“, sagte Hartung mit Blick auf die Innovationskraft des Unternehmens. „Bei Bosch ergänzen die Investitionen die Innovationen.“ Von 2026 an wolle Bosch die ersten vertikal aufgebauten SiC-Chips kostensparend auf 200-Millimeter-Wafern produzieren.
Wandel der Mobilitätsbranche: Standardisierung fördert ElektromobilitätAuf die Transformation der Automobilindustrie antwortet Bosch mit der größten Neuaufstellung seines Kerngeschäfts in der Unternehmensgeschichte. Seit Jahresbeginn 2024 gibt es den integrierten Geschäftssektor „
Mobility“. Neu ist darin unter anderem eine horizontale Verantwortung für drei Zukunftsfelder: Software, Halbleiter und Fahrzeugrechner. Bosch will mit kommenden und etablierten Technologien seine geschäftlichen Chancen auf dem Weg in die Mobilität der Zukunft noch besser nutzen.
Einen Schub verzeichnet die Mobilitätssparte zum Beispiel für neue redundante Bremssysteme, die besonders das automatisierte und elektrifizierte Fahren unterstützen. Laut Hartung will Bosch damit bis 2030 jährlich um zehn Prozent zulegen. „Insgesamt wachsen wir mit unseren Bremssystemen doppelt so schnell wie der Wettbewerb. Auch können wir unseren Umsatz mit ESP halten, während das Marktvolumen hier zurückgeht.“ Mit Blick auf die Elektromobilität sieht der Bosch-Chef noch einiges zu tun – es fehlen Ladesäulen und günstige E-Autos in Europa. „Uns muss zu denken geben, dass China seinen Automobilexport im zurückliegenden Jahr um 60 Prozent steigern konnte“, betonte Hartung. „Unsere chinesischen Kunden setzen auf Standardisierung in den elektrischen Antriebslösungen – daraus ergeben sich Skaleneffekte, die wir in Europa nicht auslassen dürfen.“
Geschäftsverlauf 2023: Kräftiges Wachstum bei Mobility und Energy and Building Technology2023 ergab die Umsatzentwicklung in den Unternehmensbereichen für Bosch ein gemischtes Bild. Der Unternehmensbereich
Mobility blieb auch 2023 bei Bosch die umsatzstärkste Sparte mit einem Erlös von 56,3 Milliarden Euro. Er erzielte ein Wachstum um sieben Prozent, wechselkursbereinigt um elf Prozent. „Unsere Produkte sind gefragt, sowohl in angestammten Gebieten als auch in neuen Geschäftsfeldern. Das gibt uns Schub für die Weiterentwicklung des Sektors, die uns noch viel abverlangen wird“, sagte Dr. Markus Forschner, Geschäftsführer und Finanzchef der Robert Bosch GmbH. Der Unternehmensbereich
Industrial Technology erwirtschaftete einen Umsatz von 7,5 Milliarden Euro. Der Wert lag durch den Zukauf von
HydraForce acht Prozent über Vorjahr, wechselkursbereinigt ist das ein Plus von zehn Prozent. Der Unternehmensbereich
Consumer Goods verbuchte einen Umsatz von 19,9 Milliarden Euro. „Die starke Zurückhaltung der Konsumenten traf unser Geschäft mit Elektrowerkzeugen und Hausgeräten erheblich“, erklärte der Finanzchef. Die Erlöse lagen mit sieben Prozent unter dem Vorjahr, wechselkursbereinigt war das ein leichter Rückgang um ein Prozent. Der Unternehmensbereich
Energy and Building Technology wuchs kräftig. Die Erlöse legten um neun Prozent auf 7,6 Milliarden Euro zu. Das Plus betrug wechselkursbereinigt elf Prozent. „Wir profitierten nicht nur von der hohen Nachfrage bei energieeffizienter sowie regenerativer Heiztechnik,“ sagte Forschner, „sondern auch vom Ausbau unseres Dienstleistungsgeschäfts im Bereich Bosch Global Service Solutions.“
Geschäftsverlauf 2023: Stärkstes Wachstum in Europa und NordamerikaIn der regionalen Umsatzentwicklung setzte sich das gemischte Bild bei Bosch fort. „Das stärkste nominale Wachstum verzeichneten Europa und Nordamerika,“ sagte Forschner. In
Europa stieg der Umsatz um sechs Prozent auf 46,8 Milliarden Euro. Das bedeutete wechselkursbereinigt einen Zuwachs von acht Prozent. In
Nordamerika beliefen sich die Erlöse auf 15,2 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um vier Prozent, wechselkursbereinigt um acht Prozent. In
Südamerika lag der Umsatz mit 1,7 Milliarden Euro um sechs Prozent unter Vorjahr. Wechselkursbereinigt ergab sich dagegen ein Zuwachs von vier Prozent. „Ausschlaggebend war der schwache brasilianische Real“, erklärte Forschner. In
Asien-Pazifik kletterte der Umsatz leicht um ein Prozent auf 27,9 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt um neun Prozent. „In diesen Zahlen spiegelt sich die abgeschwächte Entwicklung in einigen Sektoren Chinas wider“, sagte der Finanzchef. „Die kräftigen Zuwächse in Indien und Japan konnten dies nur teilweise ausgleichen.“
Mitarbeiterentwicklung 2023: Beschäftigung auf stabilem NiveauZum Stichtag 31.12.2023 waren in der Bosch-Gruppe weltweit rund 427 600 Menschen beschäftigt. Das sind nach vorläufigen Werten rund 7 600 oder etwa zwei Prozent mehr als im Vorjahr. In Deutschland lag die Mitarbeiterzahl nahezu unverändert bei 133 800.
Ausblick 2024: Schwache Wachstumsimpulse aus der WeltwirtschaftFür das laufende Jahr rechnet Bosch nur mit einem moderaten Wachstum der globalen Wirtschaft von zwei bis 2½ Prozent. „Nach unserer Einschätzung wird die Weltwirtschaft erst 2025 wieder leicht an Schwung gewinnen“, prognostizierte Forschner. „In allen für uns wichtigen Branchen sind die Aussichten verhalten.“ In der Automobilindustrie rechnet Bosch für 2024 mit einem ähnlichen Produktionsniveau wie im Vorjahr. Im Maschinenbau erwartet das Unternehmen weiter einen konjunkturellen Abschwung und im Konsumgütergeschäft erst 2025 wieder eine steigende Nachfrage. Im Energiebereich sieht Bosch vor allem im wichtigen deutschen Markt die Kaufstimmung weiter gedrückt. Grund ist die Verunsicherung der Hausbesitzer über die künftigen Regelungen bei Heizungen. Unterstützung durch die Märkte erwartet das Unternehmen auch im Geschäftsjahr 2024 nicht. „Wir behalten unsere Zielrendite von mindestens sieben Prozent fest im Blick, auch wenn wir erhebliche Vorleistungen in einem mäßigen Konjunkturumfeld erbringen müssen,“ sagte der Finanzchef. Bosch geht allerdings auf dem Weg zum Renditeziel von einer Verzögerung um ein bis zwei Jahre gegenüber der bisherigen Planung aus. Das Unternehmen will seine Anstrengungen mit Blick auf Kosten und Wettbewerbsfähigkeit entsprechend verstärken, um zukünftige Märkte erfolgreich erschließen zu können. Forschner erläuterte: „Wir streben eine Balance an zwischen Ertragskraft und Kapitaleffizienz einerseits sowie den Vorleistungen für das Wachstum von morgen andererseits.“